Vom Drama-Dreieck zum WACHSTUMS-QUADRAT.
- etc. PP
- 21. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Mai
Ein neuer Blick auf Konflikt-Dynamiken durch die Linse der Positiven Psychologie.

Konflikte als wiederkehrendes Rollenspiel
Konflikte gehören zum Alltag – im Beruf, im Privatleben und im Innersten unserer Gedanken. Doch häufig laufen sie nach einem vertrauten, wenn auch destruktiven Drehbuch ab: Eine Person fühlt sich ohnmächtig, eine andere sucht die Schuld, und jemand Drittes will um jeden Preis helfen.
Willkommen im Drama-Dreieck – einem der bekanntesten Modelle zur Beschreibung menschlicher Konfliktdynamiken.
Die drei klassischen Rollen des Drama-Dreiecks
Das Drama-Dreieck wurde 1968 vom amerikanischen Transaktionsanalytiker Stephen Karpman entwickelt. Es beschreibt drei typische Verhaltensmuster, die in zwischenmenschlichen Konflikten immer wieder auftauchen:
🔻 Opfer: „Warum passiert das immer mir?“ – In der Opferrolle fühlen sich Menschen hilflos und entmachtet. Sie sehen sich als Spielball der äußeren Umstände und übernehmen keine Verantwortung für das eigene Handeln.
🔻 Verfolger: „Du bist schuld!“ – Diese Rolle greift an, kritisiert und sucht eine Person, die für die Situation verantwortlich gemacht werden kann.
🔻 Retter: „Ich rette dich.“ – Die Retter-Figur übernimmt die Verantwortung für andere, macht sie aber oft abhängig und hindert sie daran, selbst Lösungen zu finden.
Vom Dreieck zum Viereck: Der Richter kommt hinzu
Auf einen spannenden Gedanken, der dieses Modell erweitert, wurde ich durch einen LinkedIn-Beitrag von Dr. Nico Rose aufmerksam. Er verwies darin auf Sabina Classen, die Co-Autorin seines Buches „Laut. Stark. Leben.“. Sie sprach davon, das Modell um eine vierte Ecke zu erweitern: Der Richter.
Der Richter steht für das ständige Bewerten und Verurteilen, was häufig unreflektiert und schnell geschieht. Besonders in der heutigen Zeit, in der wir ständig von (Vor-)Urteilen und Bewertungen umgeben sind, wird diese Rolle immer präsenter. Der Richter sieht in allem nur „richtig“ oder „falsch“, „gut“ oder „schlecht“, ohne die Nuancen zu erkennen. Statt konstruktiv zu unterstützen, verurteilt er, was nur zu weiteren Konflikten und einem Gefühl der Entwertung führt.
Damit erweitert sich das Drama-Dreieck zu einem „Drama-Viereck“, das aus den toxischen Rollen Opfer, Verfolger, Retter und Richter besteht. Diese Rollen verstärken sich gegenseitig und ziehen uns in eine Negativspirale aus Schuld, Abhängigkeit und Vorwürfen.
Doch was, wenn wir dieses Muster durchbrechen und uns auf einen neuen Weg begeben?
Der Gegenentwurf: Das WACHSTUMS-QUADRAT
Mit dem Wissen aus der Positiven Psychologie lässt sich diesem destruktiven Muster etwas entgegensetzen. Ausgehend von den vier Rollen des Drama-Vierecks habe ich ein alternatives Modell entwickelt: das WACHSTUMS-QUADRAT.
Es beschreibt vier Haltungen, die Menschen dabei unterstützen können, gemeinsam zu wachsen, Verantwortung zu übernehmen und gesunde Beziehungen zu gestalten:
🔹 Gestalter:in (statt Opfer): „Ich kann etwas tun.“
Der Gestalter übernimmt Verantwortung und glaubt an die eigene Fähigkeit, Veränderungen zu bewirken. Anstatt sich als Opfer der Umstände zu degradieren, erkennt er die Möglichkeit, aktiv zu handeln und wirksame Lösungen zu finden.
🔹 Herausforder:in (statt Verfolger): „Ich fordere dich wertschätzend heraus.“
Der Herausforderer bringt uns dazu, aus unserer Komfortzone herauszutreten. Er stellt Fragen, setzt konstruktive Impulse und lädt dazu ein, über den Tellerrand hinauszublicken.
🔹 Ermöglicher:in (statt Retter): „Ich unterstütze dich, dein Potenzial zu entfalten.“
Der Ermöglicher stärkt andere, indem er Ressourcen und Unterstützung anbietet, ohne die Verantwortung des anderen zu übernehmen. Es geht darum, Vertrauen und Selbstständigkeit zu fördern, die eigene Stärke zu entdecken, Potenziale zu erkennen und zu entfalten.
🔹 Wertschätzer:in (statt Richter): „Ich sehe dich und würdige Fortschritt.“
Der Wertschätzer ist derjenige, der unsere Entwicklung sieht und den Fortschritt würdigt. Die Anerkennung der großen und kleinen Erfolge stärken Selbstvertrauen, motivieren uns weiterzugehen und fördern Wachstum.
Die doppelte Wirkung des WACHSTUMS-QUADRATs: Innen und außen
Was das WACHSTUMS-QUADRAT besonders macht, ist, dass diese vier Rollen nicht nur auf andere, sondern auch auf uns selbst wirken können. In einem konstruktiven Umfeld ist es genauso wichtig, sich selbst als Gestalter, Herausforderer, Ermöglicher und Wertschätzer zu sehen, wie es im Umgang mit anderen der Fall ist.
Der Gestalter in uns selbst ergreift Verantwortung und sucht aktiv nach Lösungen.
Der Herausforderer fordert uns selbst zu einem klareren, besseren Handeln heraus.
Der Ermöglicher gibt uns Raum, unser eigenes Potenzial zu entfalten.
Der Wertschätzer erkennt den Fortschritt in uns selbst und feiert kleine Erfolge.
Die Perspektive, sowohl nach innen als auch nach außen zu wirken, schafft nicht nur eine positive Kultur innerhalb einer Gemeinschaft, sondern fördert auch unser persönliches Wachstum. Das WACHSTUMS-QUADRAT ermöglicht es uns, unsere eigenen Stärken zu erkennen und gleichzeitig andere in ihrem Wachstum zu unterstützen.
Fazit: Vom Drama zum Wachstum
Konflikte wird es immer geben. Die Frage ist nur: In welchen Rollen begegnen wir ihnen?
Das (viereckige) Drama-Dreieck zeigt, wie schnell wir in altbekannte Muster rutschen – aus Automatismus, aus Schutz, manchmal aus Gewohnheit.
Mit dem WACHSTUMS-QUADRAT stelle ich einen Gegenentwurf vor, der neue Perspektiven eröffnet. Statt Schuld, Abhängigkeit und Kritik geht es um Verantwortung, Potenzial und Wertschätzung.
Es ist ein Modell, das auf den Prinzipien der Positiven Psychologie beruht – und das ich entwickelt habe, um Menschen in ihre eigene Kraft zu bringen. Dabei geht es nicht darum, perfekt zu agieren. Es geht darum, bewusster zu handeln.
Statt Opfer, Verfolger, Retter oder Richter zu sein – können wir uns auch dazu entscheiden, Gestalter zu werden. Oder Herausforderer. Ermöglicher. Wertschätzer.
So wird aus Drama echtes Wachstum. Für dich. Und für andere.
Denn wer das WACHSTUMS-QUADRAT lebt, wird nicht nur selbst stärker – sondern bereite den Boden, auf dem auch andere wachsen können.

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